Nach der alljährlichen Winterprognose hat unser Saalfeldner Wetterspezialist, Herr Hofrat Dipl.Ing Nöbl, wieder eine langfristige Vorhersage für den heurigen Sommer erstellt.
Der Ausgleich:
Die Bauernregeln finden schon nach 100 Tagen einen Witterungsausgleich, besonders bekannt ist die Regel: Weihnachten - Ostern, welche rund 100 Tage auseinanderliegen. "Weihnacht im Klee - Ostern im Schnee" ist heuer sehr zutreffend. Der Ausgleich für den kalten April ist nach 100 Tagen eine Hitzewelle im Juli.
Geht man von Mittelwerten aus, so müsste die Hälfte dieser Werte darunter und die Hälfte darüber liegen. Im Sommer 2022 (Mai-Oktober) waren 12 Dekaden (10 Tage) überdurchschnittlich temperiert, nur 3 unterdurchschnittlich und 3 durchschnittlich. Dieselbe Situation gab es im Winter 2022/23 (November-April) mit 11 überdurchschnittlichen, 5 unterdurchschnittlichen und 2 durchschnittlichen Temperaturwerten. Ein Ausgleich ist daher für den heurigen Sommer und für den nächsten Winter 2023/24 zu erwarten (tiefere Temperaturen, höhere Niederschläge).
Im heurigen Sommer gibt es keine Fichtenblüte, daher den vollen Austrieb, der für eine starke Verdunstung sorgt und die Niederschläge von Gewittern erhöht. Auf allen Bäumen ist die Blüte verringert, z.B. auch bei der Esche. Die Eschenblüten treiben frühzeitig vor dem Laub aus. In Blühjahren, wie im Vorjahr 2022, heißt es daher: "Esche vor Eiche - große Bleiche". Heuer gibt es keine Blüte, daher: "Eiche vor Esche - große Wäsche".
Im nächsten Winter 2023/24 gibt es auch einen Ausgleich zum letzten schneearmen Winter. Der 6 bis 7-jährige Rhythmus beschert uns für die nächsten beiden Winter große Schneehöhen in den Nordalpen. Die entsprechenden Jahre 1998/99/00, 2004/05/06, 2011/12/13, 2017/18/19 liegen alle schon im Bereich der Klimaänderung, weisen aber trotzdem große Schneehöhen auf (es gibt durch die höheren Temperaturen mehr Niederschlag, aber auch mehr Regen im Winter).
Mittlere Schneehöhen in Saalfelden auf 800 m Seehöhe in den schneereichen Wintern des 6-7 Jahresrhythmus:
November: 5 cm
Dezember: 24 cm
Jänner: 58 cm
Februar: 78 cm
März: 48 cm
April: 1 cm
Weihnachten: 28 cm
Höchsthöhe: 106 cm
Der "100-jährige Kalender" beruht auf den Aufzeichnungen des Abtes Moritz Knauer für die Jahre 1652-1658, ist alle 7 Jahre gleich und beruht auf den Einfluss von Planeten. Ein 6 bis 7- jähriger Rhythmus der Schneehöhen in den Nordalpen lässt sich bis in die 1960er Jahre zurückverfolgen. Der Rhythmus beruht allerdings auf Meeresströmungen und Luftzirkulationen.
Temperatur und Wetter:
Im Februar/März gab es durch geringen Winterschnee einen großen Vegetationsvorsprung (Haselblüte auf 800 m Seehöhe am 24.02., Salweide am 18.03.), die Marillenblüte am 30.03. wurde Ende März bereits verzögert. Der halbe April verzögert die Entwicklung stark, sodass die Kirschblüte erst in der letzten Aprildekade erfolgt.
Der Hauptfrühling mit der Apfelblüte und dem ersehnten schönen und warmen Wetter beginnt mit dem Mai. Es gibt keine Eismänner, es hat im April schon genügend Frost gegeben. Eine niederschlagsreiche Phase folgt von Ende Mai bis Anfang Juli. Die durchschnittlichen 18 Niederschlagstage im Juni können noch überboten werden, außerdem ist es Mitte des Monats recht kühl (Schafskälte). Der Juli bringt den Hochsommer mit einer Hitzewelle. Allerdings werden die Gewitter in der schwülwarmen Luft viel gefährlicher, besonders in der Woche nach dem Neumond am 17. Juli. Dabei können auch Hochwässer und Muren abgehen, aber man kann nie genau sagen, wo diese Ereignisse stattfinden. Einen Anhaltspunkt geben die ersten Gewitter des Jahres, weil sich dort die Feuchtigkeit konzentriert und die Sommergewitter sehr viel feuchtwarme Luft aus der Umgebung ansaugen. Schon Mitte August ist der Hochsommer zu Ende mit Schlechtwetter und Schnee im Hochgebirge. Ab September bringt der Herbst wieder eine schönere und nicht mehr so niederschlagsanfällige Zeit, von Ende September bis Mitte Oktober kann man sogar den "goldenen Herbst" erwarten. Ab Ende Oktober herrscht Winter auf den Bergen und ab Mitte Dezember folgt der schneereiche Winter in der Niederung.
Die Detailprognose für den Sommer 2023:
Mai: auf den kalten April wird es frühlingshaft warm (keine Eismänner), Ende Mai beginnt eine niederschlagsreiche Wetterphase.
Juni: viele Niederschläge über den ganzen Monat verteilt, die durchschnittlichen 18 Niederschlagstage können noch übertroffen werden, Mitte Juni ist es auch kühl (Schafskälte).
Juli: das Junischlechtwetter reicht noch bis Anfang Juli, aber dann folgt eine hochsommerliche Hitzewelle, es gibt aber keine Trockenheit, weil sich in der schwülwarmen Luft heftige Gewitter bilden.
August: zu Beginn noch hochsommerlich, aber Mitte August folgt ein Wettersturz mit Schlechtwetter und erstem Schnee im Hochgebirge.
September: schöner Herbst im normalen Temperaturbereich, Wanderwetter.
Oktober: "goldener Herbst", noch ist es warm, besonders im Gebirge, Ende Oktober beginnt der Winter auf den Bergen mit einem Wettersturz, wobei es auch den ganzen November kalt bleibt.
Trockenheit und sinkende Grundwasserspiegel:
Durch die Trockenheit des vergangenen Sommers und die zu geringen Niederschläge im vergangenen Winter ist der Grundwasserspiegel in ganz Österreich gesunken. Im Westen und Norden kann ein Ausgleich sehr rasch innerhalb eines Jahres durch hohe Sommerniederschläge und überdurchschnittliche Schneefälle im nächsten Winter erfolgen. Durch Genua-Tiefs erhält Oberkärnten und Osttirol hohe Niederschläge, die sogar zu Hochwässern oder Schneekatastrophen führen können. Unterkärnten und die Südsteiermark erhalten Niederschläge durch Adria-Tiefs. Problematisch ist die Lage im gesamten Osten von Österreich. Hier hilft nur mehr ein Hochwasserereignis, wobei die entsprechende Wetterlage nur selten zutrifft. Ein Adria-Tief darf nicht nach Südosten abziehen, sondern muss auf der Vb-Zugstraße (römisch 5-b) nach Nordosten wandern. Dadurch wird sehr warme und feuchte Luft nach Norden transportiert. Durch die Mischung mit kühler Luft, die an der Rückseite des Tiefs von Norden angesaugt wird, fallen sehr hohe Niederschläge aus. Wenn noch zusätzlich ein Stau im Gebirge entsteht, wird die Wolkendecke angehoben und es entsteht noch mehr Niederschlag. Diese Niederschläge greifen zusätzlich sehr weit nach Westen aus, sodass es sogar in Oberösterreich und Salzburg Hochwässer gibt. Die letzten derartigen Ereignisse waren 2002 und 2013. Der Osten wird noch einige Zeit warten müssen, außer es gibt einen 11-jährigen Rhythmus, dann kommt das nächste Hochwasser 2024.
Alle Angaben ohne Gewähr!
© Hofrat DI Horst Nöbl
Saalfelden, April 2023